BigCommerce - Auf den Spuren von Magento?
Die E-Commerce Lösung von und namens BigCommerce zählt meiner Meinung nach aktuell zu den spannendsten E-Commerce-Systemen, die es auf dem Markt gibt. Im europäischen Umfeld muss das Unternehmen aber in den nächsten Jahren verstärkt die Werbetrommel rühren. Speziell in Deutschland gilt die Webshop-Software als Underdog, vielen Unternehmen bzw. Entscheidern ist diese gar nicht bekannt. Doch verstecken muss sich BigCommerce, liebevoll auch BigC genannt, auf keinen Fall. In den USA ist das Unternehmen an der NASDAQ gelistet und kommt auf einen jährlichen Umsatz von knapp 250 Millionen Dollar. Es handelt sich also nicht um einen Wald und Wiesen Hersteller, sondern um ein seriöses, etabliertes und "großes" Unternehmen. Weitaus größer und etablierter, als viele der B2B E-Commerce Systemhersteller aus Deutschland.
Wir hatten diese Woche die Ehre und wurden von BigCommerce zum Jahres-Kick-Off 2023 nach London eingeladen. Neben spannenden Eindrücken, guten Gesprächen und einer Veranstaltung in der wohl atemberaubendsten Location Londons (Landing Forty Two) kann ich an dieser Stelle vor allem über zukünftige Veränderungen und Entwicklungen berichten. Und wie gehabt natürlich einen Blick in die Glaskugel werfen, wo BigCommerce in den nächsten Jahren stehen könnte.Bei BigCommerce gilt: Nicht kleckern, sondern klotzen!
Das BigCommerce Ökosystem
Starten wir mit dem Ökosystem. Unter dem Begriff Ökosystem versteht man im E-Commerce das Setup aus Partnern, ganz gleich ob Implementierung, Solution, Consulting oder Technology. Sprich die Unternehmen, welche die Plattform aktiv unterstützen. Das Ökosystem ist aus meiner Sicht eines der wichtigsten Kriterien, bei der Auswahl einer geeigneten E-Commerce bzw. Webshop-Software. Denn der Systemhersteller selbst kann noch so viele Ressourcen bereitstellen, den eigentlichen Hebeleffekt erzielen nur qualitativ hochwertige Partner, von denen es idealerweise eine ganze Menge gibt.
Bei BigCommerce setzt man aktuell ebenfalls sehr stark auf eine Erweiterung des Ökosystems. Bezüglich Technology-Partner muss man sich aktuell auch keine Sorgen machen, denn große und namhafte Unternehmen wie Stripe, Adyen etc. unterstützen aktiv die E-Commerce Plattform. Der Fokus der Technologie-Partner liegt momentan aber noch auf dem Nordamerikanischen Markt. Beim den Agenturpartnern setzt BigCommerce auf ein zügiges Wachstum. Aktuell gibt es weltweit einige hundert Agenturen, welche die Implementierung von BigCommerce übernehmen können. Tendenz stark steigen!
Diese Zahl soll weiter wachsen, in Deutschland ist man bislang auf einem guten Kurs. Es fällt aber auf, dass aktuell vor allem größere Unternehmen wie Deloitte auf BigCommerce als System setzen. Für die “klassischen” B2B Projekte im deutschen Mittelstand ist dies nicht wirklich förderlich, werden bei dieser Art Projekte doch gerne auf die “mittelgroßen” Agenturen gesetzt. Es bleibt also abzuwarten, ob BigCommerce genau diese Agenturen in Deutschland findet. Mit Agenturen wie Onacy oder auch Unit-M geht man aber genau in diese Richtung.
Übernahme von Feedonomics durch BigCommerce
Ein wichtiger Baustein in der Strategie von BigCommerce scheint Feedonomics einzunehmen. Das Unternehmen wurde vor einigen Monaten durch BigCommerce übernommen und stellt eine Plattform zur Verfügung, welche die Verteilung von Produktdaten erlaubt. Mit Feedonomics hat man daher die Möglichkeit, auf Marktplätzen zu verkaufen, sich in Preissuchmaschinen listen zu lassen oder ganz allgemein gesprochen, den eigenen Produktkatalog relativ einfach und relativ schnell zu verteilen.
Bei BigCommerce scheint man auf diese Übernahme besonders stolz zu sein, wird doch perspektivisch eine enge Verzahnung dieser Funktionen Bestandteil des BigCommerce Core-Systems sein. Bei mir persönlich sorgt dieses Stück Technologie aber nicht für eine enorme Begeisterung, haben wir doch speziell in Europa ähnliche Dienstleister, die sich relativ einfach an bestehende E-Commerce Lösungen anbinden lassen. Man denke nur an Unternehmen wie Channelpilot, Channable, Feed Dynamix etc.
Feedonomics hilft dabei, mehr Sichtbarkeit im E-Commerce zu generieren
Ob diese Funktionen wirklich in die E-Commerce Software gehören oder nicht, kann man sicherlich stundenlang diskutieren. Persönlich bevorzuge ich “schlanke” E-Commerce Systeme mit Fokus auf E-Commerce Kernaufgaben. Notwendige Funktionen wie die eines PIM, CRM, OMS etc. sollten grundsätzlich an spezialisierte Partner und Lösungen ausgelagert werden.
Fokus auf B2B Funktionen
Kommen wir zum Thema B2B und zu einem der spannendsten Punkte der Veranstaltung. BigCommerce hat angekündigt, speziell im Bereich der B2B Funktionen Gas zu geben und die notwendigen Änderungen in die Wege zu leiten, damit auch Enterprise B2B E-Commerce Projekte realisiert werden können.
Auch wenn sich aktuell BigCommerce aus meiner Sicht bereits für B2B-Projekte sehr gut eignet, so gibt es aber definitiv Schwächen, wenn man die Lösung mit Intershop, OroCommerce oder der Salesforce B2B Commerce Cloud vergleicht. Diese Schwächen werden aber in den nächsten Quartalen ausgeglichen. Das erfolgt über Weiterentwicklungen und Anpassungen wie:
- Komplette Überarbeitung des Kundenportals (Customer Self-Service)
- Native Integration des Unternehmen Objekts in das Core-System
- Erweiterungen und Anpassungen im Checkout-Prozess
- Buy Online Pick Up in Store Funktionalität
- Verbesserung bei Sprach- und Länderversionen
- …
Es scheint an diesem Punkt zu einem Wettrennen zwischen BigCommerce und Shopify zu kommen. Beide System haben mehr Ähnlichkeiten als Unterschiede und auch Shopify, gerade erst mit dem Winter 2023 Release angekündigt, dreht ebenfalls speziell im B2B E-Commerce auf. Es bleibt daher spannend, wie sich BigCommerce in diesem Wettrennen schlägt. Was auf dem Event zu hören war, deutet aber definitiv darauf hin, dass perspektivisch BigCommerce auch in größeren und komplexeren B2B E-Commerce Projekten berücksichtigt werden sollte.
Magento als Endgegner und Vorbild
Zum guten Schluss kommt nun der meiner Meinung nach wichtigste Punkt der gesamten Veranstaltung. Es ist immer wichtig, wie sich ein Systemhersteller selbst sieht und wer zu den Mitbewerbern zählt. BigCommerce hat dabei eine Einschätzung, die definitiv interessant ist.
Denn das Unternehmen aus den USA möchte nichts anderes machen, als auf den Fußspuren von Magento zu wandeln und das Magento des SaaS zu werden. Ein kleiner Einschub an dieser Stelle: In den ersten Jahren hat Magento praktisch den weltweiten E-Commerce dominiert und war DIE Lösung schlechthin. Egal ob es sich um ein kleines, großes, teures, komplexes oder einfaches Projekt handelte, weltweit haben Agenturen auf Magento gesetzt.
Diesen Effekt möchte BigCommerce nach eigenen Aussagen auch erzielen und hat sich in vielen Punkten mit Magento verglichen. Interessant aus diesem Grund, so spielt doch vor allem in Deutschland aktuell Magento bei Projekten keine größere Rolle. Denn durch das Durcheinander von Adobe und dem faktischen End of Life ist überhaupt nicht klar, was in den nächsten Jahren passieren wird. Kein vernünftiges Unternehmen würde daher aktuell größere Summen in ein Magento-Projekt investieren, da der Investitionsschutz praktisch nicht gegeben ist.
Dass sich BigCommerce speziell mit Magento vergleicht, leuchtet daher weniger ein, weitere Anhaltspunkte waren hingegen klarer (Shopify, Salesforce). Mit persönlich gefällt mir aber die Vision, dass BigCommerce den stark fragmentierten E-Commerce Markt aufräumen möchte und eine breite Lösung für die breite Anzahl an Unternehmen bereitstellen will. Eine gewisse Konsolidierung täte dem Markt aktuell sehr gut, sowohl aus Sicht von E-Commerce Agenturen, aber auch aus Sicht der Kunden.
Fazit: Die Zukunft von BigCommerce
Auch wenn wir in Deutschland und Europa mit einer Vielzahl von guten B2B E-Commerce Lösungen gesegnet sind, hat BigCommerce aktuell tatsächlich sehr gute Chancen, das nächste “große Ding” zu werden. Im Gegensatz zu anderen Lösungen ist das Unternehmen von der Größe und den finanziellen Ressourcen sehr gut aufgestellt, verfügt aber immer noch über mehr Agilität wie beispielsweise Salesforce, um schnell auf den Markt zu reagieren und die Lösung nach vorne zu bringen.
Im Gegensatz zu Shopify meistert BigCommerce Stand heute die Aspekte B2B-eCommerce und auch Enterprise wesentlich besser. Dadurch wird sich perspektivisch BigCommerce vor allem in den “E-Commerce Mittelstands Projekten" in Deutschland äußerst gut platzieren lassen. Hat BigCommerce noch einige Hausaufgaben zu erledigen? Ja, definitiv. Die Chancen und Aussichten, dass BigCommerce dies schafft und die Konkurrenz überholen wird, sind aber enorm. Man darf gespannt bleiben.
PS: Ob BigCommerce die passende bzw. "richtige" Lösung ist, kann man ganz einfach mit unserem Online-Kurs BigCommerce - für Entscheider herausfinden.