E-Commerce Berater haben keinen allzu leichten Stand. Dafür gibt es viele Gründe. Die größte Herausforderung besteht meiner Meinung nach aber tatsächlich darin, dass viele Unternehmen, Geschäftsführer, Entscheider und E-Commerce Verantwortliche schlicht in der Zeit stehen geblieben sind.
Die Entwicklung, die der E-Commerce jedoch in den letzten Jahren vollzogen hat, ist erstaunlich. Erstaunlich schnell und erstaunlich umfangreich. Dabei geht es mir gar nicht so sehr um die steigenden Kosten oder die neuen Player im Markt. Vor allem die technische Entwicklung der letzten Jahre war und ist bahnbrechend. Denn E-Commerce funktioniert heutzutage anders als noch vor 5 oder 10 Jahren, dessen muss man sich bewusst werden.
Darüber besteht zwar Klarheit bei vielen E-Commerce Experten – aber eben nicht bei den Entscheidern. Was umso kritischer ist, denn letztendlich sind es die Geschäftsführer, IT-Leiter, Vertriebsleiter oder auch Marketing-Verantwortliche, die am Ende des Tages die Entscheidungen treffen, ob und wie ein E-Commerce Projekt realisiert wird.
Lassen Sie mich einen Schritt zurückgehen. Wie konnte man, sagen wir einmal vor 2009/10, erfolgreich im E-Commerce agieren? Welche Voraussetzungen mussten Unternehmen erfüllen und wie sahen die Projekte aus?
Aufgrund der geringen Konkurrenzdichte und der noch überschaubaren Anspruchshaltung der Konsumenten waren E-Commerce Projekte vor 10 Jahren recht simpel. Sobald die Entscheidung getroffen wurde, Produkte und Leistungen online zu vertreiben, hat man einfach eine E-Commerce Agentur gesucht und beauftragt.
Die Anforderungen waren in den meisten Fällen rein technischer Natur, und wenn es am Rande auch um Business-Anforderungen ging, so waren diese relativ überschaubar. Dementsprechend könnte ein Agentur-Briefing vor 10 Jahren grob folgende Punkte beinhaltet haben:
High-Level Anforderungen „Online-Shop“
Klar, es handelt sich hierbei um eine stark verkürzte und zugespitzte Übersicht. Auch vor 10 Jahren bestanden vernünftige Briefings aus 40-60 Seiten. An dieser Stelle möchte ich Ihnen aber einfach ein Gefühl dafür geben, auf welche Themen die Unternehmen damals bei der Einführung einer Online-Shop Software Wert gelegt haben.
So wenig komplex wie die Anforderungen waren damals aber meist auch die eingesetzten Systeme. Am Beispiel von osCommerce lässt sich das relativ einfach erklären: osCommerce bestand damals aus einer Handvoll Dateien, die eine sehr simple Logik abbildeten. Die Installation war in Minuten erledigt, große Anforderungen an das Hosting bestanden nicht und Änderungen ließen sich mal eben schnell im Live-System und in einigen wenigen Dateien durchführen.
An dieser Stelle muss ich sagen: Leider sind viele E-Commerce Verantwortliche und Unternehmenslenker auf diesem Stand stehen geblieben. Wenn Sie mir jetzt widersprechen, und sage, dass es bei Ihnen ja ganz anders ist und Sie planvoll und strategisch an ein komplexes Projekt herangegangen sind, dann Gratulation! Denn dann gehören Sie zur Ausnahme. Was ich in der Praxis aber eher beobachten kann, ist Folgendes.
Da wird im E-Commerce mal „schnell“ etwas gemacht. Fragt man nach, wie denn genau, dann kümmert sich ein Freelancer ein paar Stunden im Monat – für ein winziges Budgets – etwas um den Online-Shop und dann reicht das schon. Vermeintlich auch für Erfolge im E-Commerce und um ein Unternehmen im Vertrieb weiterzubringen.
… wenn die schillernde Welt des E-Commerce doch bloß so einfach wäre.
Wenn Sie heute im E-Commerce starten, oder Ihre Vertriebsprozesse digitalisieren, müssen Sie ein Projekt leider komplett anders angehen, um Erfolge zu verbuchen. Dies hat mehrere Gründe – und etliche haben mit der Technologie und dem Kanal überhaupt nichts zu tun:
Oder um es einfacher zu sagen: Da sich immer mehr Player im Markt tummeln, von denen sehr viele sehr professionell agieren, müssen Sie eine Schippe drauf legen. Mit einem 0815 Standard-Shop ohne Konzept gewinnen Sie keinen Blumentopf mehr. Das einzige, was Sie damit erzeugen sind Rechnungen von Implementierungspartnern sowie Unzufriedenheit. Unzufriedenheit bei potenziellen Kunden, die dann auch keine werden, und Unzufriedenheit in Ihrem Unternehmen wegen marginaler Umsätze.
Die obigen Punkte werden, nach meiner Erfahrung, aber noch nicht von der breiten Masse der Geschäftsführer, IT-Verantwortlichen oder Vertriebs- und Marketing-Leitern als zutreffend oder relevant erkannt. Ein Fehler, wenn man über Sinn und Höhe von Investitionen entscheidet.
Die gestiegene Komplexität im Vergleich zu früher ist aber wie gesagt kein Phänomen des E-Commerce. Denken Sie doch einmal an Autos. Vor 20 Jahren konnte man Reparaturen und Anpassungen noch selbst vornehmen. Heut muss man bereits zum Wechseln der Scheinwerfer-Leuchten oder Zündkerzen zum Vertragshändler.
Warum? Früher waren Autos wesentlich simpler aufgebaut. Keine komplex ineinandergreifende Elektronik, keine abgedrehte Software und keine bis aufs Letzte optimierte Technik. Man musste noch nicht einmal Kfz-Mechaniker sein (den Mechatroniker gibt es erst seit 2003), um die Funktionsweise zu verstehen und bei Bedarf selbst Hand anzulegen.
Und genau diesen Effekt haben Sie auch im E-Commerce. Ganz gleich ob Sie über das Geschäftsmodell, die Vermarktungsstrategie oder die technische Umsetzung sprechen. In den guten alten Zeiten, da konnten Sie persönlich Hand anlegen, da die Komplexität sehr niedrig war. Doch heute ist dies eben anders. Selbst Hand anlegen können nur noch Profis, da sich Anforderungen, Komplexität und das notwendige Wissen in allen Bereichen auf einem viel höheren Niveau bewegen als früher. Aus diesem Grund benötigen Sie Experten, beim Themenkomplex Strategie – also Themen rund um Geschäftsmodelle, Vermarktung, Anforderungsmanagement, Projektplanung etc. – den E-Commerce Berater.
Wie ich Ihnen anhand des Beispiels eines Autos erklärt habe, sind die heutigen E-Commerce Projekte so kompliziert, dass Sie selbst vermutlich nicht das notwendige Know-how besitzen, um ein Projekt erfolgreich zu realisieren. Das ist aber auch gar nicht schlimm, denn Sie können nicht überall Experte sein und sind es ja schon in Ihrem Unternehmen.
Das Problem ist nun: Den richtigen Experten zu finden, ist gar nicht so einfach, denn auch viele der klassischen E-Commerce Agenturen sind leider keine Experten auf den genannten Gebieten.
Wenn Sie sich die verschiedenen Websites der Agenturen anschauen, werden Sie viele Übereinstimmungen finden:
Das deckt aber nicht mehr alle Aufgaben und Erfordernisse ab, die Sie heutzutage im E-Commerce haben.
Es geht nicht primär um das Frontend-Design oder die Abbildung der Produkte. Das ist Standard und gehört einfach dazu. Heute sind die Fragestellungen im E-Commerce komplexer und haben nicht mehr ausschließlich mit Technik zu tun. Viel mehr geht es darum, welche unternehmerischen, organisatorischen, werblichen und eben technischen Entscheidungen getroffen werden müssen, damit man möglichst erfolgreich im E-Commerce agieren kann. Es sind also neue Dimensionen hinzugekommen.
Die können dann in folgende Fragen vor dem Projektstart münden:
Auch an dieser Stelle gebe ich Ihnen nur einen Auszug, denn in der Realität ist das Thema natürlich vielschichtiger, komplexer und umfangreicher. Glauben Sie mir, neben diesen Fragen gibt es noch Hunderte weitere, die genau so wichtig sind!
Eben aufgrund dieser Komplexität und den Ansätzen wie Möglichkeiten klassischer E-Commerce Agenturen kommen nun E-Commerce Berater ins Spiel. Denn bei oben genannten Fragen wird Ihnen eine „Tech-Bude“ meist nicht weiterhelfen können, weil sie sich nicht täglich mit diesen Fragen beschäftigt und dafür auch keine Ressourcen hat.
Der Erfolg und das Geschäftsmodell von E-Commerce Agenturen liegt traditionell in der Implementierung von Lösungen. Je größer, je umfangreicher, desto mehr Code muss entwickelt werden. Je mehr Code entwickelt wird, desto ertragreicher ist das Projekt für eine Agentur. Denn am Ende des Tages verdient sie eben an der Entwicklung von Quellcode, nicht aber am Erfolg eines Unternehmens im E-Commerce. Das ist ein schöner Nebeneffekt, aber eben nur ein Nebeneffekt. Zur Existenzsicherung der Agentur trägt er nur insofern bei, dass mit zufriedenen, weil erfolgreichen Kunden noch Folgegeschäft generiert werden kann.
Oder anders formuliert: Wenn Sie sich heute einen Dienstleister schnappen, der Ihnen primär einen Online-Shop technisch realisiert, wird dieser nicht mit Ihnen die immer wichtigeren unternehmerischen Fragen eines E-Commerce Projekts klären.
Aus diesem und natürlich auch aus vielen weiteren Gründen müssen E-Commerce Berater in Projekten involviert werden. Zumindest dann, wenn Sie ein erfolgreiches E-Commerce Projekt realisieren möchten – ich gehe aber davon aus, dass dies genau Ihre Intention ist.
Der Background von guten Beratern ist oftmals ein anderer als von Projektmanagern, Product Owner oder sonstigen Mitarbeitern einer E-Commerce Agentur. E-Commerce Berater beschäftigen sich konstant mit Markt- und Wettbewerbsanalysen, Branchenentwicklungen und Trends, Wirtschaftlichkeitsberechnungen und der Entwicklung von Strategien. Genau die Art von Unterstützung und Know-how, welches auch Sie in der heutigen Zeit in Projekten benötigen. Denn Berater können Antworten auf die Fragen finden, die über Erfolg oder Misserfolg im E-Commerce entscheiden.
Abgesehen vom klassischen Berater-Skill-Set plus E-Commerce Know-how, bietet die Zusammenarbeit mit einem E-Commerce Berater aber noch weitere Vorteile. Die Kunden profitieren davon, dass der Berater das Projekt sehr objektiv und neutral betrachten kann. Denn ihm ist es in der Regel egal, ob ein technisch komplexes und damit teures E-Commerce-Projekt oder eine Schmalspurlösung das Ergebnis ist. Wichtig ist, dass es zu den Zielen des Kunden passt, denn davon ist der Erfolg und damit auch ein Teil des Honorars abhängig, aber eben nicht von der Anzahl der Code-Zeilen.
Ich selbst höre natürlich oft die Rückmeldung, E-Commerce Berater würden Projekte nur teurer machen. Klar, wenn Sie zusätzliche Ressourcen in ein Projekt involvieren, dann müssen Sie auch mehr Geld bezahlen. Das ist letztendlich wie bei Ihnen Zuhause. Wenn Sie Ihre Wohnung von einem Handwerksunternehmen streichen lassen, und statt 2 Malern plötzlich 3 engagieren, dann bezahlen Sie mehr Geld. Aber eben nur auf den ersten Blick. Denn Sie sparen enorm viel Zeit und falls der Dritte ein erfahrener Malermeister ist, wird das Ergebnis sicher mit Abstand besser ausfallen
Ähnlich ist es beim E-Commerce Berater, der ebenfalls nicht von der Hand zu weisende Vorteile bringt.
Also ja – auf den ersten Blick kosten E-Commerce Berater mehr Geld. Auf den zweiten Blick sparen Sie aber eine höhere Summe, da Sie vom zusätzlichen Know-how und der Erfahrung profitieren können.
Rein nüchtern und sachlich betrachtet, können Sie kein E-Commerce Projekt ohne E-Commerce Berater erfolgreich realisieren. Denn die Fragestellungen, die Herausforderungen und auch das notwendige Know-how sind so komplex bzw. wichtig, dass Sie inhouse aber auch mit einer E-Commerce Agentur diese gar nicht beantworten und lösen können.
Wie eingangs beschrieben, ist die gegenteilige Überzeugung zwar bei vielen Unternehmen vorhanden. Aber dies ist eben ein Trugschluss. Nur weil es vor 5 oder 10 Jahren funktioniert hat, muss und kann derselbe Ansatz eben heute nicht mehr funktionieren. E-Commerce ist professioneller und anspruchsvoller geworden.
Möchten Sie daher erfolgreich in den E-Commerce starten oder Ihren Vertrieb digitalisieren, dann gehören E-Commerce Berater genauso zu einem solchen Projekt wie Projektmanager, Grafiker oder auch Software-Entwickler. Vielleicht mit dem Unterschied, dass der E-Commerce Berater das Hirn, Herz und Rückgrat ist. Der Grafiker oder Software-Entwickler aber eher der Magen oder die Niere. Teile, die man zur Not auch transplantieren oder austauschen kann 😉