Zugegeben, der Titel ist provokativ. Bei der Alexander Steireif GmbH sitzen wir eben auf einem hohen Roß und sehen alle anderen als unfähige Amateure die keine Ahnung vom Vertrieb haben! …
Sie könnten es so verstehen und uns für arrogante Besserwisser halten. Das wäre nicht nett, aber ok! Aber Sie haben in den Beitrag geklickt! Sie interessieren sich also für das Thema Vertrieb und Sie wollen zumindest wissen, was unsere Meinung dazu ist. Vermutlich weil Sie wie wir merken, dass ein „Weiter so!“ nicht die Lösung sein kann. Und nein, wir haben sicher ein differenzierteres Bild von Unternehmen und Unternehmern.
Fakt ist aber auch: Viele setzen weiterhin auf klassische Vertriebsformen und tun sich sehr schwer mit einer Weiterentwicklung. Klassischer Vertrieb funktioniert zwar, aber nicht mehr so gut wie früher. Verändertes Kundenverhalten und -ansprüche, internationaler Wettbewerb, Online-Wettbewerb, daraus resultierender Preisdruck aber auch Personalkosten und Fachkräftemangel sowie die wachsende Zurückhaltung, zumindest im B2B-Geschäft aufgrund der auskühlenden Konjunktur, sind nur einige Faktoren, die dem Head of Sales das Leben schwer machen. Und die Geschwindigkeit sowie das Ausmaß, in dem diese Faktoren für Unternehmen zum Problem werden, nimmt nicht linear zu, sondern exponentiell. Aber was ist die Lösung?
Wer eine Lösung finden will, der muss natürlich erst einmal das Problem verstehen. Beginnen wir beim Kunden. Ohne auch hier noch die Gründe zu analysieren, lässt sich ganz pauschal sagen, das sich der Weg des Kunden bis zum Kauf und dem aktiven Kontakt zum Anbieter deutlich verlängert hat. Die Erzeugung von direkter Nachfrage durch Werbung ist heute im gleichen Maße schwerer geworden wie Haustürverkauf und Butterfahrten aus dem Werkzeugkasten des Vertriebs verschwunden sind. Push-Strategien, die direkt auf den Kunden zielen, sind auf dem absteigenden Ast. Und je aggressiver, umso schneller landen sie im Straßengraben der Geschichte. Vor mehr als 15 Jahren habe ich den letzen Vertreter abgewimmelt. Um zu verstehen, womit man Kunden heute erreicht, hilft ein Blick auf moderne Vertriebsformen.
Dazu jeweils eine Statistik warum B2B- und B2C-Kunden online kaufen.
Die ersten drei Aspekte dürften relativ klar sein. Der Kaufprozess ist einfacher, die Ergebnisse sind besser und die erhaltene Leistung ebenfalls, da sie im Schnitt besser auf die Kundenbedürfnisse passt. Der letzte Aspekt befriedigt emotionale Bedürfnisse. Das große Informationsangebot und die hohe Transparenz ermöglichen es uns als Kunde, bessere, weil sicherere Entscheidungen zu treffen – und das auch noch selbstbestimmt. Wir müssen uns nicht sagen lassen, was wir zu glauben haben, wir müssen nicht „blind“ vertrauen, sondern können uns eine eigene Meinung bilden. Natürlich entstehen im selben Atemzug neue Probleme wie etwa die Unsicherheit, ob alle relevanten Informationen gefunden wurden, oder die Mühe, die uns die Recherche bereitet. Andererseits: Diese Selbstbestimmung fühlt sich besser an, als die Unterwerfung unter das Diktum eines Verkäufers.
Unabhängig davon, auf welche Vertriebsmethoden und Vertriebswege man setzt. Entscheidend ist, dass man obige Bedürfnisse befriedigt oder gleichwertigen Nutzen stiftet. Dass der Onlinehandel hier als Best Practice gelten kann, und die abgeleiteten Bedürfnisse bzw. deren Befriedigung eine hohe Relevanz besitzen, machen wiederum folgende Zahlen im B2C deutlich. Wie sonst sollten diese Wachstumsraten zu erklären sein, wenn nicht dadurch, dass die Konsumenten im Onlinehandel einen Mehrwert erkennen.
Es ist natürlich immer unangenehm, bekannte Fahrwasser aufgrund eines äußeren Drucks zu verlassen. Zu der Notwendigkeit einer Umorientierung kommen aber noch immense Vorteile für denjenigen hinzu, der auf digitale Vertriebsprozesse und Vertriebswege setzt. Hierzu zählen etwa eine Erweiterung der Reichweite sowie der potenziell erreichbaren Kundengruppen, ein besseres Image, die Möglichkeit, wertvolle Einsichten in die Zielgruppe zu erhalten, natürlich auch nachhaltiger zu wirtschaften und vor allem, Kosten zu reduzieren und Margen zu verbessern.
Ihr Vertriebsmitarbeiter im Innendienst eines B2B Versand-Unternehmens kostet mit direkten und indirekten Personalkosten im Jahr 70.000 Euro – ok, vermutlich ein Junior oder Intermediate. Er ist nach Abzug des gesetzlichen Mindesturlaubs, 2 Weiterbildungstagen, einer Woche im Krankenstand sowie ca. 24 Tagen, die er mit Orgathemen verbringt, im Jahr 2019 an 189 Tagen produktiv im Kundengeschäft tätig.
Mit diesem 4. Mitarbeiter, der selbst wieder Interessenten zu Neukunden konvertiert und unter der Annahme, dass auch wieder Kunden wegbrechen, hat man also für eine gewisse Zeit ein recht stabiles Setup. Nur weiter wachsen, das wird man auf dieser Basis nicht.
Dazu müsste man nun den nächsten Mitarbeiter einstellen, der aber rein rechnerisch mindestens 2 Jahre gar nicht ausgelastet sein wird. 140.000 Euro mal eben in den Sand gesetzt. Das Unternehmen hat ein Skalierungsproblem, bzw. die Kosten sind zu hoch. Für dieses konkrete Beispiel gibt es aber eine einfache Lösung. Das Unternehmen baut einen Online-Shop!
Wo früher E-Mails und Faxe bearbeitet, Telefonate entgegengenommen, Druckerpapier nachgefüllt und Tastaturen ausgetauscht wurden, schnurrt jetzt eine Shopsoftware zufrieden vor sich hin. Nach 2 Jahren und einer Investition von 230.000 Euro sitzen da 4 Mitarbeiter und haben 3/4 ihrer Arbeitszeit nichts zu tun. Theoretisch könnten Sie jetzt dank einer digitalen Vertriebsplattform pro Jahr 210.000 Euro sparen. Das wäre nicht sozial und vermutlich auch unternehmerisch nicht sinnvoll, denn Sie haben ja 4 Mitarbeiter, die nicht mehr einarbeiten müssen.
Die Alternative ist daher, Sie investieren die freie Zeit wieder: In Akquise, Kundenpflege und -bindung, Ausschreibungen, Großprojekte, Weiterbildungen usw. und machen damit Ihr Unternehmen fit für die Zukunft!
Ich gebe gerne zu, dass es ein idealisiertes Beispiel ist. Sie werden Zeit brauchen, um Bestandskunden auf den Shop zu konvertieren und sie werden Zeit brauchen, Mitarbeiter auf die Schwerpunktänderung vorzubereiten. Und es gibt natürlich auch tausend Gründe, so weiterzumachen wie bisher. Es gibt aber aus betriebswirtschaftlicher Sicht wirklich nur einen „guten Grund“. Nämlich, wenn das, was man tut, heute noch bessere Ergebnisse erzielt als gestern. Wenn Sie mit Ihrer Vertriebsstrategie jedes Quartal höhere Umsätze und Gewinne erzielen, dann ändern Sie bitte nichts an der Strategie! Achten Sie nur auf den Zeitpunkt, an dem diese Entwicklung kippt. Ist es anders, machen Sie sich Gedanken.
Natürlich haben wir unsere eigene Vertriebsagenda und trommeln auch für unsere Leistungen. Ein Standard-Argument, mit dem wir im Interessentenaustausch zu tun haben, ist etwa: „Sry, ich verstehe was Ihr macht, aber unsere Leistungen sind so komplex und die Akquise so abhängig vom persönlichen Vertriebskontakt, da ist E-Commerce, ein Onlineshop nichts für uns!“ In der Regel führen wir danach dennoch ein konstruktives Gespräch. Warum?
Weil Digitalisierung des Vertriebs nicht gleich E-Commerce ist und E-Commerce nicht gleich Shop! Die transaktionsbezogenen Prozesse, die über einen Shop, einen Marktplatz oder auch sonst wie abgewickelt werden können, sind ja nur ein Schritt, ein Glied in der Prozesskette. Bis es dazu kommt, hat sich der Kunde schon zig mal mit der vertrieben Leistung beschäftigt und kam auch schon mit dem Anbieter in Kontakt. Zum Vertrieb gehört eben auch die Geschäftsanbahnung.
Wobei in dieser Phase nicht von einem Digitalisierungspotenzial gesprochen werden sollte, sondern einem Zwang. Ohne – ganz allg. gesprochen – vernünftige Onlinepräsenz, einen intelligenten, individualisierten Marketingkanal-Mix und jede Menge Automatisierung, erzielt man so gut wie keine Aufmerksamkeit mehr.
Und selbst komplexe Leistungen lassen sich online erklären oder ihr Verkauf durch smarte Services unterstützen. Außerdem spart schon eine Automatisierung der Bestellverarbeitung Kosten, die Zusendung „elektronischer Rechnungen“ via Mail spart Kosten. Gleiches gilt für Angebote und Auftragsbestätigungen (ich kenne einen Fall, da waren es 60.000 Euro im Jahr). Die digitale Terminvereinbarung spart Kosten. Die Reduzierung von telefonischen Anfragen durch ein gutes FAQ und einen Chatbot spart Kosten. Ebenso die Vorqualifizierung von Leads durch einen Konfigurator und einen automatisierten Sales-Funnel. Die Integration eines PIMs (ProduktdatenInformationsManagement-Systems) spart – bei vielen Produkten und unterschiedlichen Ausleitungskanälen – immensen Aufwand und damit Kosten. Bei der Digitalisierung des Vertriebs geht es eben auch um die Prozesse und Prozessketten.