Wie bei allen kulturellen und technologischen Neuerungen gibt es zu Beginn die wilde Phase, in der alles möglich scheint, in der Grenzen erst ausgelotet und Strukturen sich erst bilden müssen. Auch der Onlinehandel hat diese Phase durchgemacht. Doch nach rund 20 Jahren sind die wilden Zeiten vorbei. Auch die Helden dieser Epoche gehören heute zum alten Eisen. Es gibt sie zwar noch, die Lone Ranger an der E-Commerce Grenze, die nicht mehr benötigen als eine Excel, ein Backend, einen Editor und niemanden über sich, um die Kundenherde in den Shop zu treiben. Erfolge werden heute im E-Commerce aber anders erreicht. Um einen Onlineshop erfolgreich zu betreiben, braucht es ein ganzes Team von Experten.
Die Komplexität und Vielfalt der Aufgaben im Onlinehandel verlangt ein Team aus mehreren Mitarbeitern für den Online-Shop, die unterschiedliche Fähigkeiten mitbringen. Von der technischen und inhaltlichen Pflege über die Vermarktung bis hin zur Steuerung und Kommunikation. Außerdem lässt sich kaum eine Anforderung noch singulär betrachten. Das „Projekt Online-Shop“ ist heute interdisziplinär und jede Stellschraube, jede Tätigkeit, hat direkte Auswirkung auf eine andere. Niemand ist in der Lage, diese Aufgaben alleine zu bewältigen, geschweige denn die Abhängigkeiten alleine zu beherrschen.
Leider ist das gerade bei vielen mittelständischen Unternehmen mit eigener E-Commerce-Strategie noch nicht verinnerlicht. Hier gibt es weiterhin den einsamen Allrounder. Das hat zahlreiche negative Auswirkungen, von denen Überarbeitung nur einer ist. Letztlich summieren sich etliche unerledigte Aufgaben zu einem gewaltigen, kritischen Hinderniß. Dazu gehören beispielsweise die mangelnde Reichweite bzw. Bekanntheit bei potenziellen Kunden, weil SEO und SEA vernachlässigt wurden. Oder der Modernisierungsstau bei der Shop-Software mit zunehmenden Sicherheitslücken, steigenden Betriebaufwand. Damit einher gehen immer mehr Usability-Hürden, weil sich das Nutzerverhalten (und die Erwartungen) geändert haben, der Shop mit dieser Entwicklung aber nicht mehr Schritt hält. Um im Bild zu bleiben: während die Konkurrenz mit großen, gesunden Rinderherden vorbeireitet, versucht der E-Commerce Ranger auf einem alten Klepper seine drei Kühe heil zum nächsten Wasserloch zu bringen. Wer in die Zukunft reitet, ist klar. Der alte Ranger wird es aus eigener Kraft sicher nicht mehr schaffen. Hier müsste massiv investiert werden.
Der Shopbetrieb ist als ein nie endendes Projekt zu betrachten. Permanent gilt es Dienstleister zu steuern, Neuerungen anzustoßen, entwickeln zu lassen und zu testen, das Produktportfolio zu pflegen, Preise anzupassen, Inhalte zu überarbeiten, Budget zu planen, Kampagnen anzustoßen und zu optimieren sowie im Kontakt mit Lieferanten, Kunden und internen Stakeholdern zu bleiben. Das ist eine organisatorische Mammut-Aufgabe, die nur wenig Raum für Operatives lässt. Sie benötigen einen Manager, der eine strategische Perspektive, Kommunikationsgeschick und technisches Know-how insbesondere für die individuell eingesetzte Shopsoftware mitbringt. Hinzu kommt die Fähigkeit, Geschäftprozesse auf unterschiedlichen Abstraktionsebenen zu verstehen und gestalten zu können.
Betrachtet man das Bündel an Anforderungen an einen E-Commerce Manager wird auch klar, dass man sich diese nicht innerhalb eines Studiengangs aneignen kann. Einige Jahre Berufserfahrung müssen Sie voraussetzen. Zudem muss ein E-Commerce Manager ein Team führen sowie eigenverantwortlich Entscheidungen über den Einsatz von Ressourcen oder die Definition von Zielen treffen. Eine andere Organisation ist nicht sinnvoll, zumindest nicht, wenn der Online-Vertriebskanal konsequent ausgebaut werden soll. Die hohe Verantwortung, das Aufgabenspektrum und die Erfahrung haben natürlich ihren Wert, sodass ein E-Commerce Manager mindestens auf der Stufe eines Filial- oder Vertriebsleiters stehen sollte. Ein junger Kaufmann für E-Commerce, wird diese Stelle also nicht ohne weiteres ausfüllen können.
Die Mitarbeiter für den Onlineshop können nicht alle Strategen und Projektprofis sein, auch wenn es hilft, wenn der Rest des Teams hier Erfahrung hat und in diesem Sinne handelt.
Von zentraler Bedeutung für den Erfolg Ihres Online-Shops oder Ihrer E-Commerce Plattform ist die Auffindbarkeit und Attraktivität Ihrer Leistungen. Dazu benötigen Sie einen Online-Marketing Profi. Dessen Aufgabe ist die Entwicklung und Umsetzung einer SEO-Strategie. Damit zusammenhängend die Kontrolle der Shops hinsichtlich technischer Aspekte wie korrekter Indexierung, Weiterleitungen, suchmaschinenaffiner Auszeichnung der Inhalte usw. Außerdem das Advertising in der für den jeweiligen Fall sinnvollen Form – in den richtigen Kanälen. Damit der Online Marketing Spezialist diese Aufgaben zielführend wahrnehmen kann, benötigt er auch ein hohes Verständnis für die von Analysetools bereitgestellten Daten. Denn wenn wer etwa nicht weiß, dass die Verweildauer, die Google Analytics liefert, eben nicht gleichbedeutend mit der tatsächlichen durchschnittlichen Verweildauer der Nutzer ist, der zieht schnell falsche Schlüsse und trifft möglicherweise kostspielige Fehlentscheidungen. Unter den Mitarbeiter für den Onlineshop ist er der Datenjunky.
Letztlich benötigen alle Vermarktungsmaßnahmen auch Inhalte. Das Spektrum reicht von Ads über das Copywriting für Marketingaktionen bis hin zu informierenden Produkttexten und Anwendungstipps. Für „gute“ Ergebnisse ist ein Verständnis für die Zielgruppe, das jeweilige Format und SEO-Anforderungen nötig. Daher wird die Content-Erstellung häufig in Personalunion vom Online-Marketer übernommen. Das ist jedoch meist der falsche Ansatz, da es so an Ressourcen fehlt, beide Aufgabengebiete hundertprozentig auszufüllen. Die Ergebnisse bleiben immer deutlich hinter dem Möglichen zurück.
Unternehmen, die nicht gerade in einer extrem komfortablen Nische unterwegs sind, sondern sich dem Wettbewerb stellen müssen, sprich mit Ihren Leistungen permanent auf der ersten Seite ranken müssen, beschäftigen insbesondere im SEO/Content/Online-Marketing mehrere Mitarbeiter. Nur so lässt sich der Workload wirklich bewältigen und schnell auf Änderungen beim Ranking reagieren.
Der nächste Experte in der Riege der Mitarbeiter für den Onlineshop ist für die Weiterentwicklung von Frontend- und Backend Funktionalitäten des Software-Systems verantwortlich. Sollte ein guter Implementierungspartner an der Hand sein, muss es sich nicht zwangsläufig um einen auf das jeweilige System spezialisierten PHP-Entwickler handeln. (PHP ist die u.a. für E-Commerce Anwendungen gebräuchliche Programmiersprache). Dies kann aber dann sinnvoll sein, wenn permanent und intensiv am Shopsystem entwickelt werden soll.
Im B2B-Umfeld gibt es jedoch noch ganz andere Herausforderungen. Der Shop als zentrale Plattform muss eng mit der restlichen IT-Infrastruktur verknüpft sein, um die maximale Prozessoptimierung und Kostensenkung zu erzielen. Der E-Commerce soll sich schließlich als zentrale Transaktions- UND Kundenservice-Plattform für das Unternehmen bewähren. Hinzu kommt die Erweiterung in den Bereich eProcurement, wenn größere Kunden angebunden werden sollen. Der IT- und Software-Spezialist im E-Commerce Mitarbeiterteam muss also die Architektur bestens verstehen, um sich einerseits um den alltäglichen Shopbetrieb kümmern zu können, andererseits die Weiterentwicklungsideen aus dem Team, an denen er selbst beteiligt ist, in technisch realistische Konzepte und Projektskizzen übertragen zu können. Deren Realisierung mag eine Agentur übernehmen. Aber was bringt die detaillierteste Anforderungsdefinition, wenn Das Qualitätsmanagement und die technische Steuerung im Unternehmen kann allerdings nur er leisten.
Dies ist meines Erachtens in den meisten Fällen die minimale Größe eines E-Commerce-Teams. Wirklich erfolgreiche Unternehmen, zumindest wenn sie nicht in einer friedlichen Nische unterwegs sind, haben diese Teamstruktur konsequent weiter nach ihren Bedürfnissen ausgebaut.