Eine Frage, die viele B2B-Unternehmen vor dem Start in den E-Commerce umtreibt, ist, wie exklusiv die Leistungen angeboten werden sollen. Was ist für das Unternehmen der bessere Weg, ein offener oder ein geschlossener B2B Shop? Diese Frage können wir zwar nicht pauschal für Sie beantworten. Aber wir können Ihnen sagen, worauf es bei der Entscheidung ankommt. Welche Faktoren sollten Sie bedenken und welche Anforderungen sprechen eher für eine offene und welche für eine geschlossene B2B Commerce Plattform?
Wie Sie einen B2B Onlineshop erfolgreich aufsetzen, erfahren Sie in unseren Beiträgen zu …
in B2B E-Commerce Projekten.
Es wirkt banal, die beiden Konzepte unterscheiden zu wollen. Ein offener Shop ist eben für alle Kunden und Interessenten zugänglich, ein geschlossener nicht? Das ist eben so nicht korrekt. Auch in offenen B2B-Shops kann nicht jeder Interessent einkaufen und so zum Kunden werden. Vorausgesetzt, der Shopbetreiber will nicht alle Anforderungen des Fernabsatz-Gesetzes erfüllen, das ein besonderes Informations- und Schutzbedürfnis des Verbrauchers befriedigen soll, ist er gesetzlich dazu verpflichtet, nur an gewerbliche Kunden zu verkaufen. Wie er den Verbraucherausschluss gewährleistet, ist ihm überlassen.
Ein geschlossener Shop bedeutet wiederum nicht zwangsläufig, dass Interessenten, z. B. Verbraucher, schon auf der Startseite abgefangen werden müssen und keine Möglichkeit haben, das Portfolio einzusehen. Die Grenzen zwischen beiden Modellen sind fließend.
Die wichtigsten Unterscheidungsmerkmale zwischen offenen und geschlossenen B2B Shops sind die Preiskommunikation und die Bestellmöglichkeit. Werden im Shop erst nach dem Login Preise einsehbar und lassen sich erst dann Waren bestellen, spricht man von einem geschlossenen Shop – ungeachtet der Tatsache, dass das gesamte Produkt- oder Dienstleistungsangebot für den Shop-Besucher zu jederzeit einsehbar ist.
Kriterien für die Zulassung zum Shop können die Zugehörigkeit zu einer Branche (etwa Chemische Industrie), eine bestimmte Absatzorganisation (z. B. B2B Großhandel), der Nachweis einer gewerblichen Tätigkeit – oder im B2C die Einladung durch Mitglieder sein (Shopping Clubs).
Für viele B2B-Unternehmen ist die Motivation, Preise oder gar den gesamten Shop hinter einem Login zu verbergen schlicht die Angst, das eigene Angebot mit dem Wettbewerb vergleichbar zu machen und dann mit Listenpreisen für Neukunden nicht attraktiv zu sein oder die Bestandskunden durch die Diskrepanz zwischen Listenpreis und individuellen Konditionen zu verwirren. Das Risiko besteht, wird aber in seiner Bedeutung meist überschätzt, bzw. ist stark abhängig vom Geschäftsmodell.
Erfahrungsgemäß führen Einkäufer im B2B immer Preisrecherchen durch – im Zweifel genügt der Blick in vorhandene Preislisten oder ein Anruf. Der Wettbewerb wird sich sowieso die Listenpreise besorgt haben. Bei größeren Investitionen werden zudem in der Regel Angebote eingeholt und bei schnelldrehenden Gütern wie Verbrauchsmaterialien kann bei der Erstbestellung ein attraktiver Rabatt gewährt werden, sodass sich das „Problem“ Listenpreis relativiert. Auch hält sich die „Verwirrung“ bei Bestandskunden meist in Grenzen und ist wenn ein Kommunikationsproblem und eine Aufgabe für das Marketing bzw. den Customer Service. Dennoch bleibt der Vorteil, dass der Shopbetreiber die Kontrolle darüber hat, wem er Produkt- und Preisinformationen zur Verfügung stellt und wer Produkte beschaffen darf.
Meiner Ansicht nach relevanter ist der Umstand, dass sich Interessenten anmelden müssen – und Ihre Daten hinterlassen -, um spezifische Informationen zu erhalten. Selbst wenn kein Kauf zustande kommt, können potente Interessenten dann immer noch angesprochen und eventuell konvertiert werden. Hier gilt es aber bei der Entwicklung der E-Commerce Strategie jeweils entsprechend der Branchen- und Zielgruppenanforderungen individuell abzuwägen, welche Informationen, sozusagen als Teaser, notwendigerweise bereitgestellt werden müssen.
Oder aus Kundenperspektive gedacht: Warum sollte ich Zeit investieren, um mich anzumelden, wenn ich nicht einschätzen kann, ob ich einen relevanten Mehrwert erhalte. Auch dies spricht in der Regel dafür, lediglich Preisinformationen hinter einem Login zu verbergen.
Ein weiterer Vorteil eines geschlossenen Shops ist, dass sich Shopbetreiber keine Gedanken über die Gestaltung des Verbraucherausschlusses machen müssen. Natürlich unter der Voraussetzung, dass bei der Registrierung eine Überprüfung des Gewerbescheins, des Verbands- oder Kammerausweises erfolgt. Was es umgekehrt bei einem offenen Modell zu beachten gilt, hat der Händlerbund sehr schön zusammengefasst.
Der größte Nachteil eines vollständig geschlossenen B2B-Shops ist die fehlende Sichtbarkeit im Netz. Auch B2B-Kunden nutzen in ihrer Customer Journey immer stärker Suchmaschinen zur Informationsbeschaffung. Folgt man Studien von Forrester und Google, entfallen auf die Informationsbeschaffung vor dem ersten Kontakt mit dem Anbieter 90 Prozent des Aufwands. Mehr als 90 % der B2B Einkäufer setzen dabei auch auf Online-Recherche via Suchmaschinen, immerhin 61 % der B2B-Einkäufer nutzen beim Kauf B2B-Shops und B2B-Marktplätze ohne vorherige Kundenbeziehung und 59 % wünschen sich zudem gar keinen Kontakt zu einem Sales-Mitarbeiter.
Für die Mehrzahl dieser potentiellen Kunden ist der Anbieter mit geschlossenem Shopmodell jedoch in den drei entscheidenden Presales-Phasen Awareness, Consideration sowie Decision nicht präsent – und spielt damit schlicht auch überhaupt keine Rolle. B2B Unternehmen sollten sich daher genau überlegen, ob Sie auf dieses Umsatzpotential verzichten wollen.
Ein vollständig hinter einem Login verborgener Shop ist für die Bots der Suchmaschinen nicht crawlbar, d. h. Inhalte können nicht erfasst werden. Dies verleitet jedoch auch manches Unternehmen dazu, nicht in professionelle Inhalte und deren zielgruppengerechte Präsentation zu investieren. Die Kosten kann man sich ja sparen, wenn es für SEO oder Neukundenansprache keine Relevanz besitzt.
Das Unternehmen wird jedoch auch über andere Kanäle neue Kunden generieren und diese dann auf die E-Commerce Plattform lotsen wollen. Die noch frische Kundenbeziehung sollte dann aber nicht mit einem unprofessionellem und nur rudimentär gepflegten Shop belastet werden. Aus der Erfahrung lässt sich sagen, dass manch geschlossener Shop selbst für hart gesottene Einkäufer der Bestandskunden-Unternehmen zu viel war – obwohl hier ist das Vertrauen in den Anbieter wesentlich stärker ausgeprägt als bei Neukunden.
Da B2B E-Commerce in Zeiten von Omnichannel und in Buying Center aufrückender Millenials mehr ist, als nur ein Onlinekatalog oder Shop mit tabellarischer Auflistung von Produkten. Bestehen ernstzunehmende Bedenken hinsichtlich der Vergleichbarkeit mit dem Wettbewerb, ist der bessere Weg daher meist, den Shop professionell zu gestalten, ihn frei indexieren zu lassen, die Produktdaten zu pflegen und lediglich die Preise erst nach einem Login zugänglich zu machen. So lassen sich die Vorteile beider Modelle kombinieren.